Freitag, Juni 23, 2006

 

See passé

Leute, Leute... Also, entweder Italien ist nicht mehr, was es mal war. Oder es war nie, was wir gedacht haben, das es sein müsste. Puh!
Gerade komme ich zurück aus einer Woche Urlaub mit meiner sehr guten Freundin Schub.
Wir haben, nachdem wir einige andere Pläne sehr einträchtig über den Haufen geworfen hatten, uns für den Lago Maggiore entschieden. Geträumt von einem malerischen Fischerörtchen, einer gemütlichen Pension oder einem Appartment, einer kleinen Piazza, diversen Cafés und Tavernas mit Blick auf die Hafenbucht, in der lustig plätschernd Fischerbötchen, von denen die Farbe abblättert, vor sich hindümpeln, während im Hintergrund die Sonne langsam und sehr, sehr idyllisch ins Wasser sinkt. (Das tut sie natürlich nicht wirklich, weiß ich auch. Es schreibt sich nur nicht ganz so bildhaft, wenn ich jetzt hier auf naturwissenschaftlich mache und was erzähle von der Erdrotation und bla...). Also: Ein Ort wie gemalt, Wetter wie gemalt, und die Sonne sinkt, bitteschön, wie gemalt ins Wasser.
Nix war´s.
Der Lago wollte uns nicht. Wir sind, nachdem wir erst den Ösis und dann den Eidgenossen eine hübsche Summe Geld für´s zeitweilige Benutzen ihrer Straßen auf den Tisch gelegt hatten, erst mal auf die Ostseite gefahren. - Ach, was soll ich es unnötig spannend machen (vor allem, weil rein gar nix passiert ist..): Wir sind um den kompletten, verdammten See gefahren auf der Suche nach einem einzigen Ort, der annähernd wie oben beschrieben ist. Nix iss. Essich iss. Die ganzen verdammten 140 Km oder so: Nie-änntäh! Die Orte am Lago sind entweder so klein, dass sie sich entscheiden mussten zwischen einer Pizzeria oder einer Tankstelle - oder so groß, dass obendrüber immer gleich so ein Prachtbau, Marke "ehemaliges Schloss Gedöhnsrath", thront. Natürlich nennen die sich alle "Otello-hasse-nich-gesehen-vier-Sterne-mit Seeblick-schlach-mich-tot". Sie meinen damit aber: Wenn Du alt bist, und zwar wirklich alt. Wenn Du also zum Beispiel so alt bist, dass Du Dich nur noch vage an den Verlust Deiner eigenen Zähne oder Deines Haupthaars erinnern kannst, Dinge, die Dich so ungefähr Mitte der Siebziger ereilt haben müssten: Dann bist Du alt genug um hier einen schönen Urlaub zu verbringen.

Dienstag, Juni 13, 2006

 

Zu alt...?

Leute, Leute - mir fällt auf, dass ich die Dinge nicht mehr beim Namen nennen kann. Zunehmend häufiger sehe ich mich Angeboten ausgeliefert, die zwar irgendwie so aussehen, als ob sie das seien, was ich suche. Nur steht es nicht mehr drauf.

Früher war es einfach. Da hießen Dinge so, wie sie eben hießen: Fernseher, Kassettenrecorder, Telefon.

Wenn Weihnachten war, konnte ich, ohne technische Datenblätter zu studieren, dem Christkind auf einem schlicht formulierten Wunschzettel kundtun, was es denn bitteschön unter den Baum packen sollte: "Liebes Christkind, ich wünsche mir einen Fernseher und Rollschuhe. Ich war immer brav. Dankeschön, bis nächstes Jahr."

So. Fernseher habbichnichgekricht, dafür den neuen Band von "Bille und Zottel" (Wer jung ist, liiiebt das Schneider-Buch...). Egal. Worum es mir geht: Wollte ich heute noch mal versuchen, dem Christkind einen Fernseher aus den Rippen zu leiern, wäre es ungleich komplizierter. Warum? Es gibt keine Fernseher mehr. Ende der Fahnenstange. Nicht ganz so, wie es in der DDR keine Autos gab. Oder 3,7 Nanosekunden nach Beginn des Vorverkaufs keine Robbie-Tickets. Also nicht so, dass es jetzt gar keine Fernseher mehr gäbe. Nur viel komplizierter isses geworden, den Verkäufern zu sagen, was man will. Oder umgekehrt: Im Internet einfach so nach einem Fernseher suchen. Nönö, wokommerdenndahin? LG RZ-37 LZ 55 ist z. B. die korrekte Bezeichnung für den aktuell in der Saturn-Werbung befindlichen Fernseher. Der da aber nicht Fernseher heißt. Er heißt LG RZ-37 LZ 55, und in der gesamten Produktbeschreibung kommt das Wort Fernseher nicht vor. - Und wer jetzt gerade fleißig Haare spaltet: Fernseh-Gerät, Farbfernseh-Gerät, Flimmerkiste, mit Bindestrich, zusammen, getrennt, Groß-Klein-Hassenichgesehn, last but not least: Glotze. Niente! Nichts. Keiner der Begriffe, unter denen ich den flimmernden Kasten, nachdem in unserem Kulturkreis immerhin über mindestens drei Jahrzehnte hinweg neun von zehn Wohnzimmereinrichtungen aufgestellt wurden, suchen würde, kommt in der Produktbeschreibung vor.

Jetzt gibt es verschiedene Möglichkeiten, mir eine berichtigte Meinung zu bilden, warum ich damals keinen Fernseher bekommen habe: a)Entweder war ich doch nicht sooo brav.
Oder:
b)Ich habe eine falsche/unvollstädnige Produktbezeichnung auf dem Wunschzettel notiert. Einen LG RZ-37 LZ 55 hätte ich ratzfatz haben können.

Naja, jetzt ist ja rum. Mein Fernseher, der einfach ein Fernseher ist, funktioniert hoffentlich noch ganz schön lange. Ansonsten werde ich mir ein Vierteljahr frei nehmen müssen, um mich für einen neuen zu entscheiden. Und jetzt ist doch gerade WM...

Montag, Juni 12, 2006

 

Fragen über Fragen...

Gerade beschäftigen mich ein paar grundlegende Fragestellungen. Fragen nach dem Sinn. Nicht in philosophischer Hinsicht. Anders: Sehr praxisnahe Fragen des Alltags. Banalitäten vielleicht. (Aber diverse Gespräche mit meinem Therapeuten vermitteln mir zunehmend den Eindruck, dass viele solcher vermeintlichen Banalitäten, schaut man durch sie hindurch auf den Kern dahinter oder darin, lediglich einen von vielen Blickwinkeln auf eben diesen Kern eröffnen. Oder eine Facette. Ist aber vielleicht eh das Gleiche. So what..?)

Zurzeit ist Fußball WM. Die heißt aber nicht Fußball WM, sondern FIFA WM. Wobei Günther Jauch gerade in einem Interview sehr zu Recht die Frage formuliert hat, WARUM? Er kenne keinen Sport, der FIFA heißt, und folglich könne es doch auch keine FIFA WM geben. Irgendwie hat er Recht.

Aber das wollte ich gar nicht erzählen. Was mich umtreibt, ist das Ding mit den Standardsituationen. Acht von zehn Toren werden aus Standardsituationen erzielt. Aus dem Spiel heraus läuft nix. In der freien Wirtschaft würde man hergehen, das kurz auszählen, die Standardsituationen als gewinnträchtigen, das Spiel an sich als unrentablen Unternehmensbereich identifizieren. Und abschaffen. Vor allem, wenn der unrentable Bereich 95% personeller und zeitlicher Ressourcen bindet. Richtig so!

Die Frage ist also: Warum zum Geier schwitzen, rennen, treten 22 Männer mindestens 90 Minuten engagiert, aber fruchtlos gegen einen Ball, wenn das, was unterm Strich das Ergebnis ausmacht, in netto durchschnittlich 180 Sekunden passiert? Und kommen Sie mir jetzt bitte nicht mit dem Event an sich. Oder dass dabei sein alles wäre. Oder damit, dass Netzer und Delling sich bei weitem nicht die unterhaltsamen Wortgefechte liefern könnten, die sogar uns Mädels und anderen ahnungslosen Fernsehzuschauern das Salz in der Fußballsuppe sind. „Im Fußball zählen Tore.“ – sagt Ihnen jeder, der sein Geld damit verdient. Netzer auch.

Ein Phänomen von ähnlichem Kapierichnicht-Format ist die Formel 1. Die Jungs fahren 300 Km im Kreis, verballern Sprit in Mengen, die die Saudis ganz kribbelig werden lassen (und Fahrer zu beliebten Urlaubsgästen in den Residenzen der Emirate), beschäftigen hochbezahlte Expertenteams, um die richtige Gummimischung für den 2006er Reifen auf feuchtem, monegassischem Asphalt bei einer zu erwartenden Durchschnittstemperatur von 23,7°C auf der linken Startreihe zu entwickeln und treiben auch ansonsten allerlei teils befremdlichen Aufwand („Wir haben den Harzanteil der zweiten Lackschicht der Bodenplatte um 2% erhöht. Davon versprechen wir uns eine Menge.“), um schnell, schneller, am schnellsten Rennen zu fahren. Und dann werden eben diese Rennen in der Boxengasse entschieden. Weil man auf der Strecke nicht überholen kann. - Hä…!?

Damit ich das richtig stelle: Ich mag die Formel 1. Und ich mag die WM, so falsch auch immer sie heißen mag. Nur verstehen tu ich´s nicht.

Aber ich muss ja auch nicht immer alles verstehen. Einfach Staunen kann auch durchaus unterhaltsame Momente haben.

Alleine im eigenen Bad finde ich da schon so einiges, das mein Erstaunen weckt.
Wo zum Beispiel der schmuddelige Satz aus Zahncreme, Kalk und – Schönreden nutzt nix – sicher auch Speichel an der Halterung der elektrischen Zahnbürste herkommt. Ich spüle die nach jedem Einsatz sorgfältig ab. Da kann nix mehr dran sein. Trotzdem: Beim nächsten Zähneputzen: Ich nehme das Teil von der Halterung – und was sehe ich? Einen minzgrünen Schmuddelsatz. Kann eigentlich nicht sein. (Ich beobachte Ähnliches im Zusammenhang mit Wollmäusen unter dem Bett. Unter dem Bett ist nichts, das sich in Wollmäuse verwandeln könnte. "Aus nichts entsteht nichts." Hat sogar so ein oller Philosoph mal gesagt. Grundsätzlich bin ich geneigt, dem zuzustimmen. Die Wollmäuse machen mich zweifeln. - Und was ist überhaupt mit der Urknalltheorie? Wären Wollmäuse nicht einerseits der unwissenschaftlichste, andererseits der unumstößlichste Beweis dafür…?)

Oder:
Warum immer drei Einwegrasierer auf meinem Wannenrand liegen, obwohl ich alleine wohne und nachweislich nur einen gleichzeitig bedienen kann.
Warum Batterien immer so verpackt sind, dass man ohne Elektromesser nicht rankommt, wenn das Elektromesser gerade streikt.
Warum die Antwort auf eine Mail mit dem Inhalt "Bitte gib Herrn Schmitz die Information Gedöhns." lautet: "Mit wem hast Du da gesprochen?"
Warum Menschen selbst in einer völlig leeren Kneipe genau vor MIR stehen bleiben, um eine Zahnpastawerbung auf Großbildleinwand zu verfolgen.
Warum ich mit dem Versenden von PDF-Dateien so viel Zeit verbringen kann, dass es sich durchaus lohnen würde - auch bei den aktuellen Spritpreisen - zusammen mit meinem Rechner in ein Taxi zu steigen, bei Stau und brütender Hitze 560 Km nach München zu fahren, dort in einen Pulk randalierender Fußballfans zu geraten und mich schließlich mit einem Weißbierkontingent in finanzieller Höhe einer RICHTIG guten Lebensversicherung -und zwar nicht von irgendwem - freizukaufen? Das Instrument ist doch so benutzerfreundlich...!????
Dies, ähnliches, etwas völlig anderes - in jedem Fall aber mehr: Demnächst. Hier. Ich freu mich. Bin ich schon mal einer!

FassZinierend...


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